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Warum ChatGPT keine Buchstaben zählen kann

In der Ära der künstlichen Intelligenz haben Sprachverarbeitungsmodelle wie ChatGPT, basierend auf OpenAIs GPT-3 und GPT-4 Architekturen, beeindruckende Fortschritte in ihrer Fähigkeit gezeigt, menschenähnliche Texte zu generieren und auf eine Vielzahl von Anfragen zu reagieren. Diese Modelle, auch Large Language Models (LLMs) genannt, sind jedoch nicht allwissend. Eine der überraschenden Einschränkungen dieser fortschrittlichen Systeme ist ihre Schwierigkeit, scheinbar einfache Aufgaben wie das Zählen der Buchstaben in einem Wort zu bewältigen. Dieser Artikel untersucht die technischen und konzeptuellen Gründe für diese Grenze.

Der Kern der Funktionsweise von LLMs wie ChatGPT ist die Verwendung von Vektoren in einem hochdimensionalen Raum, um die Bedeutung und Beziehungen von Wörtern zu repräsentieren. Diese Einbettungen, die während des maschinellen Lernprozesses erzeugt werden, definieren Wörter in Bezug auf ihren Kontext und ihre Beziehungen zu anderen Wörtern, nicht in Bezug auf ihre physischen Eigenschaften wie Länge oder Buchstabenstruktur. Diese Ebene der Abstraktion ermöglicht zwar eine reiche semantische Analyse, lässt aber keine raum für die Erkennung oder Analyse der konkreten Eigenschaften eines Wortes.

Hier ein paar Punkte, warum das so ist:

Gründe für „schlechtes buchstabieren“

Transfer Learning und die Transformer-Architektur

Im Kern der Sprachverarbeitungsmodelle, speziell bei den GPT-3- und GPT-4-Modellen, steht das Prinzip des „Transfer Learning“. Dieser Ansatz ermöglicht es Modellen, Wissen und Fähigkeiten aus einem Trainingskontext auf einen neuen zu übertragen. Insbesondere bauen diese Modelle auf einer „Transformer“-Architektur auf, die 2017 von Vaswani et al. eingeführt wurde.

Diese Architektur, die auf Selbst-Aufmerksamkeitsmechanismen setzt, unterscheidet sich von früheren sequenziellen Sprachverarbeitungsansätzen wie rekurrenten neuronalen Netzen (RNNs) und Long Short-Term Memory (LSTM). Sie kann Beziehungen zwischen Wörtern in einem Satz erfassen, unabhängig von ihrer Position. Dies geschieht durch ein Gewichtungsschema, welches jedem Wort in Bezug auf jedes andere Wort in einem Satz eine „Aufmerksamkeit“ oder Bedeutung zuweist.

Multisprachliche Verarbeitung und Vektorrepräsentation

Modelle wie GPT-4, die mit mehrsprachigen Daten trainiert werden, sind darauf spezialisiert, Muster, Strukturen und Kontexte in mehreren Sprachen zu erkennen. Sie studieren während des Trainings riesige Datenmengen in jeder Sprache. Danach bilden sie eine hochdimensionale Repräsentation dieser Daten, wobei jedes Wort oder jede Phrase durch einen Vektor in einem semantischen Raum repräsentiert wird.

Diese eingebetteten Vektoren fassen die statistischen Beziehungen zwischen Wörtern und ihren Kontexten zusammen, die das Modell während des Trainingsprozesses gelernt hat. Interessanterweise ermöglichen diese Vektoren dem Modell, die Bedeutung über Sprachgrenzen hinweg zu verstehen.

Eine Frage, die oft aufkommt, betrifft die Fähigkeit von ChatGPT, eine Anfrage in einer Sprache zu bearbeiten, obwohl die Antwort in seinen Trainingsdaten nur in einer anderen Sprache vorhanden war. Dies fällt unter „Zero-Shot“ oder „Few-Shot“ Learning, ein Bereich des maschinellen Lernens, bei dem ein System Aufgaben ausführt, für die es während des Trainings keine oder nur wenige Beispiele gesehen hat. Für mehrsprachige Modelle wie GPT-3 oder GPT-4 kann dies bedeuten, dass das Modell in der Lage sein könnte, eine Aufgabe in einer Sprache zu lösen, obwohl es nur Daten in einer anderen Sprache gesehen hat. Dies ist dank der Art und Weise möglich, wie diese Modelle Sprache intern codieren und generalisieren.

Mangel an expliziter Regelbasierter Verarbeitung

ChatGPT und ähnliche Modelle basieren auf der Erkennung von Mustern und der Vorhersage der Wahrscheinlichkeit folgender Token in einer Textsequenz. Sie führen keine regelbasierte, algorithmische Verarbeitung durch und verlassen sich stattdessen auf statistische Inferenz. Während dies für viele Aufgaben, einschließlich der Erstellung kohärenter und nuancierter Antworten auf Anfragen, ausreichend ist, fehlt ihnen die Fähigkeit, explizite, regelbasierte Aufgaben wie das Zählen von Buchstaben durchzuführen.

Training auf Wahrscheinlichkeiten

LLMs werden darauf trainiert, die nächste wahrscheinlichste Wortsequenz zu generieren, basierend auf den Daten, mit denen sie gefüttert wurden. Sie „lernen“ aus diesen Daten, aber sie speichern keine Fakten oder führen Daten in einer strukturierten Weise, wie eine Datenbank. Daher basieren ihre Antworten auf der Wahrscheinlichkeitsverteilung ihrer Trainingsdaten und nicht notwendigerweise auf faktischen Genauigkeiten. Dieses Prinzip erklärt, warum ein Modell möglicherweise nicht genau bestimmen kann, wie viele Buchstaben ein Wort enthält, es sei denn, diese spezifische Information wurde ausdrücklich im Trainingsset präsentiert.

Datenrauschen und -verzerrungen

Die Qualität der Antworten eines LLMs kann auch durch Inkonsistenzen und Fehler in seinen Trainingsdaten beeinflusst werden. Diese Modelle sind bekannt für ihre Anfälligkeit für Rauschen und Verzerrungen in den Daten, auf denen sie trainiert werden. Sie sind nur so gut wie die Daten, die sie füttern, und sie neigen dazu, Ungenauigkeiten, Vorurteile und Fehler in diesen Daten zu replizieren.

Warum also der Fehler beim Buchstaben zählen?

Die Diskrepanz zwischen der beeindruckenden Fähigkeit von ChatGPT, tiefgehende Textantworten zu generieren, und seiner Schwäche bei scheinbar einfachen Fragen rührt von seinem grundlegenden Design her. Während die Transformer-Architektur und das Transfer Learning ihm erlauben, Kontext und Bedeutung zu verstehen, fokussiert sich das Modell weniger auf die physischen Eigenschaften von Wörtern. Es geht um die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Daten, mit denen es gefüttert wurde, und weniger um faktische Genauigkeiten.

Ein Beispiel:

Gib die Antwort auf das Rätsel: Es kommt einmal in einer Minute, zweimal in einem Augenblick, aber nie in einer Stunde vor.

Im Labyrinth der natürlichen Sprachverarbeitung stoßen wir gelegentlich auf scheinbar einfache Rätsel, die jedoch eine tiefere Auseinandersetzung mit der Sprache und ihrer Struktur erfordern. Betrachten wir das Rätsel: „Es kommt einmal in einer Minute, zweimal in einem Augenblick, aber nie in einer Stunde vor.“ Die Antwort, überraschenderweise, liegt im Buchstaben „M“.

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Screenshot GPT4 vom 16.10.2023 (ChatGPT September 25 Version)

Die Entschlüsselung dieses Rätsels veranschaulicht die Komplexität hinter der Aufgabe, die Sprachmodelle bewältigen. Es geht nicht nur darum, die Worte zu erkennen, sondern die Nuancen, den Kontext und die versteckten Bedeutungen zu verstehen, die in der Struktur der Sprache selbst eingebettet sind. In diesem Fall muss das System erkennen, dass die Lösung auf der Präsenz eines bestimmten Buchstabens in den Wörtern basiert, nicht auf den Zeitkonzepten, die die Wörter repräsentieren.

Dies unterstreicht die entscheidende Rolle des „kontextuellen Verständnisses“ in der Sprachverarbeitung. Ein effektives Sprachmodell muss in der Lage sein, über die buchstäbliche Bedeutung der Worte hinauszugehen und die subtilen Hinweise und die sprachliche Struktur zu erfassen, die für die menschliche Kommunikation so wesentlich sind.

Zudem beleuchtet dieses Rätsel die Herausforderungen, die mit mehrsprachigen Daten und Übersetzungen einhergehen. Die Bedeutung, die in einer Sprache klar ist, kann in einer anderen ihre Nuance verlieren oder völlig anders interpretiert werden. Dies ist im Deutschen der Fall, wo „Augenblick“ nicht die gleiche buchstabengenaue Bedeutung hat wie das englische „moment“. Solche Nuancen unterstreichen die Notwendigkeit von „Cross-Lingual Embeddings“, durch die Sprachmodelle semantische Äquivalenzen zwischen verschiedenen Sprachen in einem gemeinsamen Einbettungsraum finden.

Literal vs. Figurative Interpretation

Das Modell interpretiert Eingaben in der Regel basierend auf der statistischen Wahrscheinlichkeit ihrer Bedeutung, basierend auf den Trainingsdaten. Es tendiert dazu, für eine Eingabe die „wahrscheinlichste“ Bedeutung auszuwählen, aber das bedeutet nicht immer, dass es die richtige Interpretation für ungewöhnliche oder doppeldeutige Texte wie Rätsel wählt. Rätsel erfordern oft eine wörtliche Interpretation, und das Modell könnte Probleme haben, zwischen wörtlichen und figurativen Bedeutungen zu unterscheiden.

Cross-Lingual Understanding

Während „moment“ und „Augenblick“ semantisch ähnliche Konzepte sind, beinhalten sie nicht dieselben Buchstaben, und das Modell benötigt die Fähigkeit, diese feine Unterscheidung zu erkennen. Es beruht auf der Überlappung von Bedeutungen im Vektorraum, aber die spezifische Form der Wörter – die für das Lösen des Rätsels entscheidend ist – wird möglicherweise nicht berücksichtigt.

Datenabhängigkeit

Wenn das Modell das Rätsel in seinen Trainingsdaten in Englisch gesehen hat, könnte es in der Lage sein, es in Englisch zu lösen. Aber wenn es auf Deutsch gestellt wird, müsste das Modell nicht nur die Sprache übersetzen, sondern auch das Rätsel selbst neu interpretieren, da die strukturellen Hinweise (in diesem Fall der Buchstabe „M“) anders sind.

In der Welt der KI und der natürlichen Sprachverarbeitung sind es oft diese scheinbar einfachen Rätsel, die die Grenzen unserer Technologien aufzeigen und uns dazu anregen, fortwährend zu erforschen und zu verbessern. Sie erinnern uns daran, dass das Verständnis der Sprache mehr erfordert als nur das Zählen von Wörtern oder Buchstaben – es erfordert ein tiefes, nuanciertes Verständnis der unzähligen Möglichkeiten, wie wir durch Sprache Bedeutung konstruieren und kommunizieren.

Ein paar Fachbegriffe erklärt

  • Sprachverarbeitung: Dies bezieht sich auf die Methodik, mit der Computersysteme menschliche Sprache interpretieren und darauf reagieren. In unserem Kontext ermöglicht die Sprachverarbeitung es KI-Modellen wie ChatGPT, Eingaben in natürlicher Sprache zu verstehen, darauf zu reagieren und in verschiedenen Sprachen kohärente und kontextbezogene Ausgaben zu generieren.
  • Zero-Shot Learning: Zero-Shot Learning bezieht sich auf die Fähigkeit eines KI-Modells, Aufgaben auszuführen, für die es keine spezifischen Trainingsdaten erhalten hat. Das bedeutet, dass das Modell versucht, Schlussfolgerungen oder Vorhersagen über Daten oder Anfragen zu treffen, die es zuvor nie gesehen hat, basierend auf abstrakten Konzepten, die es während des Trainings gelernt hat.
  • Few-Shot Learning: Few-Shot Learning ist ähnlich wie Zero-Shot Learning, bezieht sich jedoch auf die Fähigkeit des Modells, Aufgaben mit sehr wenigen Beispielen oder Datenpunkten während des Trainings zu erlernen und zu generalisieren. Im Kontext von ChatGPT ermöglicht dies dem Modell, Muster oder Konzepte zu erkennen und anzuwenden, auch wenn es nur minimale Beispiele für diese spezifischen Konzepte während des Trainings gesehen hat.
  • Interne Repräsentation von Sprache: Dies bezieht sich auf die Weise, wie Sprachmodelle Bedeutungen, Konzepte und Beziehungen innerhalb der Sprache als mathematische Vektoren oder abstrakte Konzepte innerhalb ihrer Architektur darstellen. Diese Repräsentationen sind hochdimensional und ermöglichen es dem Modell, Kontext und Semantik über die bloße Wortfolge hinaus zu verstehen.
  • Transformer-basierte Modelle: Diese Modelle sind eine bestimmte Art von Architektur innerhalb der neuronalen Netzwerke, die für die Verarbeitung von Sequenzen verwendet wird, bekannt für ihre Effektivität in der Sprachverarbeitung. Sie verwenden Mechanismen namens „Aufmerksamkeit“, um zu gewichten, welche Teile einer Eingabesequenz beim Verstehen und Generieren von Sprache am wichtigsten sind.
  • Einbettungen: In der KI und speziell in der Sprachverarbeitung sind Einbettungen die hochdimensionalen Vektorrepräsentationen von Wörtern, Sätzen oder sogar größeren Textstücken. Diese numerischen Vektoren speichern eine Fülle von Informationen über den Kontext und die Nutzung von Wörtern oder Phrasen, wodurch das Modell semantische und syntaktische Beziehungen verstehen kann.
  • Generalisierung: Dies ist die Fähigkeit eines KI-Modells, gelernte Informationen oder Muster auf neue, unbekannte Daten anzuwenden. Eine gute Generalisierung bedeutet, dass das Modell genaue Vorhersagen oder Schlussfolgerungen über Daten treffen kann, die es während seines Trainings nicht gesehen hat.
  • Transfer Learning: Transfer Learning ist eine Strategie im maschinellen Lernen, bei der ein Modell, das für eine bestimmte Aufgabe entwickelt wurde, angepasst und für eine andere, ähnliche Aufgabe verwendet wird. Dies ist effektiv, weil das Modell sein bereits gelerntes Wissen und seine Verständnisse auf eine neue Aufgabe übertragen kann, auch wenn die Daten unterschiedlich sind.
  • Deep-Learning-Modelle: Diese sind Unterklassen von maschinellen Lernmodellen, die auf künstlichen neuronalen Netzwerken basieren, insbesondere solchen mit vielen Schichten (tiefen Netzwerken). Diese Modelle sind besonders effektiv bei der Erkennung komplexer Muster in großen Datenmengen.
  • Cross-Lingual Embeddings: Dies sind Einbettungen, die so erstellt wurden, dass sie Konzepte aus verschiedenen Sprachen in einem gemeinsamen, hochdimensionalen Raum darstellen können, wodurch Modelle die Bedeutung von Wörtern oder Phrasen über Sprachgrenzen hinweg erkennen können.
  • Natürliche Sprachverarbeitung (NLP): NLP ist ein Bereich der KI, der sich auf die Interaktion zwischen Computern und menschlicher Sprache konzentriert. Es beinhaltet das Verstehen, Interpretieren und Generieren menschlicher Sprache in einer Weise, die sowohl sinnvoll als auch nützlich ist.
  • Semantische Äquivalente: Dies sind Wörter, Phrasen oder Sätze in unterschiedlichen Sprachen, die die gleiche oder eine sehr ähnliche Bedeutung haben. In einem mehrsprachigen Einbettungsraum würden semantische Äquivalente nahe beieinander liegen, da ihre hochdimensionalen Vektoren ähnlich sind.
  • Einbettungsraum: Dies ist der hochdimensionale Raum, in dem Wort- oder Satzeinbettungen existieren. Durch die Analyse der Distanzen und Winkel zwischen verschiedenen Einbettungen in diesem Raum können Modelle die Beziehungen zwischen verschiedenen Konzepten, die Bedeutung von Wörtern oder Phrasen und vieles mehr verstehen.
  • Semantische Distanz: Dies bezieht sich auf den Abstand zwischen verschiedenen Punkten (normalerweise Wörtern oder Phrasen) in einem Einbettungsraum, der ihre semantische Ähnlichkeit oder Unterschiedlichkeit widerspiegelt. Wörter, die ähnliche Bedeutungen haben, haben eine geringe semantische Distanz, während solche mit unterschiedlichen Bedeutungen eine größere Distanz aufweisen.
  • Kontextuelles Verständnis: In der KI bezieht sich dies auf die Fähigkeit eines Modells, nicht nur die direkten Informationen in den Daten, sondern auch den Kontext, in dem sie präsentiert werden, zu interpretieren. Dies bedeutet, dass das Modell Implikationen, Nuancen und sogar kulturelle Informationen aus dem Text extrahieren kann.
  • Wahrscheinlichkeitsverteilung: Im Kontext von KI und maschinellem Lernen bezieht sich dies auf die Verteilung der Wahrscheinlichkeiten verschiedener möglicher Ausgänge oder Zustände. Modelle nutzen diese Verteilungen, um Vorhersagen zu treffen oder Unsicherheiten in ihren Vorhersagen zu quantifizieren.
  • Faktische Genauigkeiten: Dies bezieht sich auf die Korrektheit von Informationen, die auf messbaren, objektiven und nachprüfbaren Fakten basieren. In der KI ist die faktische Genauigkeit von Bedeutung, da sie das Vertrauen in die vom Modell generierten Antworten bestimmt. Modelle müssen oft aus unvollständigen oder mehrdeutigen Daten Schlussfolgerungen ziehen, und ihre Fähigkeit, dabei faktisch genau zu bleiben, ist entscheidend für ihre Zuverlässigkeit.

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